„Der Heilige Gral“ – Was ist das? Mit diesem Buch ist ein Werk in deutscher Übersetzung erschienen, das viel verspricht und am Ende noch mehr schenkt als erwartet. Dabei ist auszugehen von der ehrlichen Selbsterkenntnis: Wem gelingt es im Alltagsleben auch nur ansatzweise, Worten wie „der heilige Gral“, „Christus“ oder „Anthroposophie“ zumindest im Gefühl – geschweige denn im Denken – die Heiligkeit zu geben, die ihnen in (ihrer) Wirklichkeit zukommt?
Was ist der Heilige Gral? In Ihrem Buch nähert sich Mieke Mosmuller dem Mysterium des Gral von innen – aus dem eigenen Erleben, das die Frucht eines jahrelangen inneren Entwicklungsweges ist. Dieser von Rudolf Steiner für jeden Menschen aufgezeigte Weg führt einen – wenn man ihn geht! – zum Finden des Gral im eigenen Denken. Der Gral aber birgt in sich das noch größere Mysterium des Christus.
Rudolf Steiner schildert in einem tief berührenden Vortrag über Thomas von Aquino, daß dieser mit seinem ganzen Wesen nach der Spiritualisierung des Denkens strebte – und mit dieser ungelösten Frage in den Tod ging. Hätte er, nicht gefangen vom Dogma der Kirche, sein geradezu göttliches Denken auf dieses selbst gerichtet, hätte er schon zu seiner Zeit den Weg zu Christus im eigenen Denken gefunden. Dieser Weg steht seit Anbruch des Michaelzeitalters und seit Rudolf Steiners Offenbarung der Anthroposophie grundsätzlich jedem Menschen offen.
Mieke Mosmullers Buch zeigt, daß dies tatsächlich so ist. Sie schrieb es, um den schlimmsten Entehrungen des „Heiligen Gral“ (z.B. Büchern wie „Sakrileg“) entgegenzutreten. Zugleich aber offenbart sie das eigentliche Wesen der Anthroposophie auch für alle, die sogar als vermeintliche „Anthroposophen“ anzweifeln, daß Christus eine Realität ist – und in der Vertiefung des Denkens, auf dem von Steiner aufgezeigten Weg, gefunden werden kann und werden will.
Auf der anderen Seite wird deutlich: Nur auf diesem Weg kann der Christus so gefunden werden, daß er selbst einem so nah ist wie das eigene Ich. Andere Christuserlebnisse mag es geben, aber sie liegen nicht auf dem Wege, auf dem sich der Christus mit jedem einzelnen Menschen mehr und mehr verbinden will.
Das Buch von Mieke Mosmuller ist mit 237 Seiten nicht umfangreich. Der „Hauptteil“, das Kapitel „Christus heute“, umfasst sogar nur 42 Seiten. Diese aber sind gewichtiger als Dutzende von Bänden über Anthroposophie. Sie sind durch ihre Authentizität ein gewaltiger Aufruf an jeden einzelnen Leser, ebenfalls wirklich den inneren Weg zu betreten – den „unwegsamen Pfad zur Gralsburg“.
Auf jenen Seiten, die aufgrund ihrer Fülle an erlebter Geistes-Wirklichkeit hier nicht einmal skizziert werden können, entfaltet sie den Weg der wahren Spiritualisierung des Denkens – in keinem Satz abstrakt, sondern immer unmittelbar aus der errungenen Erfahrung heraus. Und es wird in erschütternder Weise deutlich, daß der „ätherische Christus“ im verwandelten, reinen Denken gefunden wird. Zugleich wird dem Leser auch klar: Es gibt keine Trennung zwischen Steiners frühen Schriften, die dem Wesen und der Potenz des Denkens gewidmet sind, und seinen späteren Vorträgen, in denen er Fülle über Fülle aus der Geisteswirklichkeit offenbart.
Im Folgenden skizziert die Autorin dann, wie große Individualitäten jeweils zu ihrer Zeit den Gral gesucht und die Gralsströmung getragen haben. Von der Gegenwart aus beginnend schreibt sie vor dem Hintergrund ihres eigenen Christus-Erlebens über Rudolf Steiner – den Meister des Abendlandes –, über Novalis, Christian Rosenkreutz, Meister Eckhart, Thomas von Aquino, Franziskus von Assisi, Parzival und die Gralsritter, König Arthur, Augustinus, Mani und Paulus. Es folgen Gedanken über das Erdenleben des Christus, Sein Leiden ohne Schuld, Sein Sterben und Seine Auferstehung, die das eigene Denken und Meditieren sehr vertiefen können. Auch vor Christus gab es Menschen, die dem kommenden Christus und seiner Strömung dienten. Mieke Mosmuller schildert das Christliche von Aristoteles, Plato, Buddha und David. In einer Schlussbetrachtung beschreibt sie nochmals konzentriert die verschiedenen Stufen, auf denen der Gral heute gefunden werden kann.
1994 schrieb Mieke Mosmuller ihr erstes Werk. „Suche das Licht, das im Abendlande aufgeht“. Darin schilderte sie den Weg, der zum reinen Denken führt. Zwölf Jahre später beschrieb sie, wer mit diesem Licht gefunden wird: „Gefunden wir