Es gibt viele Bücher über Rudolf Steiner. Kürzlich aber ist ein außergewöhnliches Buch erschienen, das Zugänge zum lebendigen Wesen Rudolf Steiners und zum wahren Wesen der Anthroposophie eröffnen will. Geschrieben wurde es von der niederländischen Anthroposophin Mieke Mosmuller, die in ihrem 2007 erschienenen Buch „Der Heilige Gral“ bereits das Wesen und den Entwicklungsweg des reinen Denkens schilderte – ein Weg, der schließlich zur realen Erfahrung des Christuswesens führt.
Mit dieser seit 21 Jahren errungenen und stetig weiterentwickelten über-sinnlichen Fähigkeit trägt sie von verschiedenen Seiten Aspekte zusammen, die sich auch für den Leser immer mehr zu einem Erlebnis zusammenfügen. Die klare Sprache zielt immer auf das Wesentliche und enthält zugleich voll und ganz den tiefen Ernst des Geschilderten. Mehr und mehr wird klar: Rudolf Steiner und die Anthroposophie sind lebendige Wesen. Man kann sie und ihre Bedeutung immer nur unterschätzen – und tut dies fortwährend, weil überall, selbst im Zentrum der anthroposophischen Bewegung, der Intellekt das Feld beherrscht und nirgendwo das reine Denken geübt, geschweige denn in seiner Bedeutung (an)erkannt wird.
Mieke Mosmuller schildert, welche unerhörte Tat Rudolf Steiner bereits in „Wahrheit und Wissenschaft“ vollbrachte: Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte verwirklicht ein Mensch denkend das Erkennen des Erkennens – und bringt diese Tat in Worte. Es käme darauf an, nicht einfach darüber hinwegzulesen, sondern dem mit aller Willenskraft nachzufolgen.
In demselben Maße wäre auch alles andere erst einmal (neu) tief ernst zu nehmen, was Rudolf Steiner geschrieben und geschildert hat – seien es die Worte über seine eigene Entwicklung, sei es das Gestandenhaben vor dem Mysterium von Golgatha, das Buch „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten“ oder die „Geheimwissenschaft“. Immer müsste man sich klarmachen und es mehr und mehr wirklich erleben können, was es heißt, dass ein Mensch – Rudolf Steiner – dies alles erlebt, errungen, geschaut hat. Auf all dies weist Mieke Mosmuller in tief wahrhaftiger Weise hin.
Im weiteren schildert sie dann die Tragik der Anthroposophie, wie sie schon zu Steiners Lebzeiten einsetzte: Es hätte neben Rudolf Steiner andere Menschen geben müssen, die das reine Denken zumindest in Ansätzen entwickelten. Diese gab es jedoch nicht, und als die Anthroposophie in den Künsten sichtbar und hörbar wurde, verfiel man um so mehr dem äußeren Schein. Der Geist kann die Formen aber nur beleben, wenn sie selbst aus einem geistigen, wirklichen Bewusstsein der Form gestaltet werden. Ist dies nicht der Fall, bleibt alles, was in Erscheinung tritt, mehr oder weniger geistlos. Die Autorin beschreibt dies ausführlich und eindrücklich.
Der Brand des Goetheanums war dann – wie Rudolf Steiner selbst sagte – die Folge dessen, dass die Mitglieder nicht wach genug waren. Ein Jahr später versuchte er durch die Tat der Weihnachtstagung, das Ruder herumzureißen. Doch auch da konnten ihm die Mitglieder nicht wirklich innerlich folgen, den von ihm gewiesenen Weg nicht wirklich betreten. Neun Monate später brach Rudolf Steiner zusammen, ein halbes Jahr darauf starb er. – Nach seinem Tod wurde die Anthroposophie vollends ein Totes, eine zerfallende Mumie, die nur äußerlich dieselbe Gestalt behielt.
„Es müsste Menschen geben, die ein innerlich erkraftetes reines Denken entwickelt haben – wodurch es erst ein freies Geistesleben und eine anthroposophische Bewegung geben würde –, die das auf Erden anwesende anthroposophische Gebilde auferstehen lassen könnten. (...)
Die innerlichen Anstrengungen, die man machen muss, um zum reinen Denken zu gelangen, werden viel zu sehr unterschätzt. (...) Dann aber kann man auch Rudolf Steiner nie in seiner Lebendigkeit erfassen (...)“
Dann setzt sich Mieke Mosmuller mit der bis heute verbreiteten Auffassung auseinander, Rudolf Steiner habe sich in der Weihnachtstagung karmisch mit der „Gesellschaft“ verbunden und bleibe es „auf ewig“. Ausführlich beschreibt sie, wie man, gerade wenn man die Tatsachen ernst nimmt, nur zu der Erkenntnis kommen kann, dass es sich hierbei um ein reines, undurchschautes Dogma handelt – ein Do